Das Thema Schwammstadt ist zurzeit allgegenwärtig, Konzepte für eine klimaresiliente Umgestaltung unserer Städte sind angesichts längerer Trockenperioden und intensiven Starkregens überfällig. [1] Neben den Maünahmen wie Gründächern, Retentionsdächern, begrünten Fassaden, Retentionsspeichern, Regenwassernutzungsanlagen und Versickerungsanlagen besteht ein großes Potential in der Entsiegelung der Verkehrsflächen, die zum Beispiel in den Städten in NRW bis zu 17 % der Gesamtfläche ausmachen [2], und in Innenstädten nahezu 40 % betragen können. Wassdurchlässige Pflasterbläge bieten hier die Chance, Flächen zu befestigen ohne diese zu versiegeln und somit den Wasserhaushalt zu verbessern, indem ein Teil des Regenswasser wieder in Richtung des Grundwassers versickern kann. Der Erhalt des natürlichen Wasserhaushaltes ist eine zentrale Forderung der geltenden Regelwerke [3]. Wasserdurchlässige Flächenbeläge gibt es schon seit den 90er Jahren – sie wurden kontinuierliche weiterentwickelt. Heute ist eine Regenerierung der Versickerungsleistung möglich und aktuelle Neuentwicklungen, wie der GDM.KLIMASTEIN, erhöhen die Verdunstung im urbanen Umfeld und kühlen damit aktiv die urbanen Zentren.
Warum die Akzeptanz dieser Beläge nicht noch schneller wächst, könnte auch an den Regelwerken liegen. Hier treffen die Anforderungen des Straßenbaus mit den Regelwerken der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. (FGSV) auf die Anforderungen der Wasserwirtschaft, vor allem der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA).
Zeit, die Regelwerke einmal zu analysieren und Gemeinsamkeiten aber auch konträre Forderungen zu bewerten.
Auf der FGSV-Seite gilt für die Bauweise das 2013 erschienene Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen (MVV) [5]. In dem Merkblatt wird auf die Richtlinien für die Anlage von Straße – Entwässerung (RAS-Ew) [6], also aktuell die Richtlinien für die Entwässerung von Straßen (REwS) [7] verwiesen, diese gelten aber strenggenommen außerhalb von Siedlungsgebieten. Neben den Grundlagen wie Niederschlag und Versickerung, Filterstabilität und wasserwirtschaftlichen Aspekten enthält das MVV Vorgaben zur Planung und Ausführung, Aufbau und Dimensionierung, zu Baustoffen, Anfoderungen und Prüfungen für versickerungsfähige Pflasterdecken.
Auf Seiten der DWA gilt für die Versickerung das Arbeitsblatt 138 "Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser" [8], welches zurzeit im Gelbdruck als DWA-A 1381 "Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser – Teil 1: Planung, Bau, Betrieb" vorliegt [9]. Solange dieses noch nicht endgültig verabschiedet ist, gilt ferner das DWA-M 153 "Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser" [10]. Im Falle einer Einleitung in ein Oberflächengewässer gilt das DWA-A 102-2/BWK-A 3-2 – "Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer – Teil 2: Emissionsbezogene Bewertungen und Regelungen" [11]. Strenggenommen gilt das DWA-A 138-1 allerdings nicht für wasserdurchlässige Flächenbeläge, auf denen ausschließlich das direkt anfallende Niederschlagswasser versickert wird. Dazu heißt es: "Das vorliegende Arbeitsblatt bezieht sich auf die Versickerung von Niederschlagswasser im Sinne der Definition des Abwasserbegriffs nach § 54 WHG [12], also Wasser, das von Niederschlägen aus dem Bereich von befestigten oder bebauten Flächem gesammelt abfließt" [9]. Bei einem wasserdurchlässigen Flächenbelag wird das Wasser nicht gesammelt und fließt nicht ab, sondern es versickert diffus über die gesamte Fläche. Das darf allerdings kein Freifahrtschein für die Versickerung jeglicher Verkehrsflächenabflüsse über wasserdurchlässige Beläge sein, da Regenabflüsse von Verkehrsflächen ein hohes Schadstoffpotential aufweisen [9, 11] und somit eine Versickerung nur mit einer vorherigen Behandlung möglich sein sollte, um das Schutzgut Grundwasser nicht zu gefährden. Eine Versickerung ohne Reinigung des Verkehrsflächenabflusses steht daher dem Verschlechterungsverbot der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) entgegen. Insofern sollten aus der Sicht der Grundwasserschutzes zwingend die Vorgaben an die Wasserqualität gemäßt DWA-A 138-1 berücksichtigt werden. Die Einleitung in ein Oberflächengewässer über Planumsdrainagen ist eindeutiger geregelt, da das Wasser hier gesammelt abfließt. Ebenso entfällt diese Tatsache, wenn zusätzlich Wasser z.B. von angrenzenden Dachflächen auf die Pflasterfläche geleitet wird. Dies ist allerdings aufgrund der höheren Wasser- und Stofffrachten nicht unproblematisch und z.B. in den allgemeinen bauaufsichtlichen Genehmigungen (aBG) des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) für versickerungsfähige Flächenbeläge nicht vorgesehen.
Thematisch gehören auch die abG in den Bereich der Regelwerke. Diese sind zuverlässige Verwendbarkeitsnachweise von Bauprodukten bzw. Anwendbarkeitsnachweise von Bauarten im Hinblick auf bautechnische Anfoderungen an Bauwerke und sind mittlerweile in vielen Regelwerken enthalten. Ein Flächenbelag mit abG wird von einem unabhängigen Labor auf sein Versickerungsvermögen, seinen Schadstoffrückhalt und die Regenerierbarkeit der Versickerungsleistung geprüft.
Beim Niederschlag geht das MVV bei den Anforderungen an die Entwässerung von einem Durchschnittswert für den 15-minütigen Regen von 120 l/(s·ha) bei n=1 (also einem Ereignis, das statistisch gesehen einmal im Jahr vorkommt) aus. Das MVV verweist auch auf die DWA-A 138 und einen 10-minütigen Regen mit n = 0,2, was bei Anwendung des Zeitbewertverfahrens einer Regenspende von270 l/(s·ha) entspricht. Daraus ergibt sich ein Mindest-Infiltrationswert ki (bemessungsrelevante Infiltrationsrate (in der Regel wasserungestättigte Verhältnisse)) des Oberbaus von 2,7 · 10-5 m/s. Dieses Vorgehen ist überholt. Versickerungsanlagen werden mit den regionalen Regendaten des KOSTRA-Atlas bemessen [13], die kostenfrei im Internet zur Verfügung stehen. Angesichts sich verändernder Regenintensitäten sollte die Frage gestellt werden inwiefern n = 0,2 noch passt, oder ob man aus Vorsorgegründen besser mit n =0,1 bemessen müsste. Allerdings sind die 270 l/(s·ha) auch die Regenspende, die dauerhaft von den allgemeinen bauaufsichtlichen Genehmigungen des DIBt gefordert wird. Im Einzelfall werden gemäß KOSTRA regional höhere Regenintensitäten als 270 l/(s·ha)erreicht. Die abG und das MVV enthalten allerdings Sicherheitsfaktoren. So wird z.B. zur Ermittlung des Infiltrationswertes ki der Durchlässigkeitsbeiwert kf (Durchlässigkeitsbeiwert bzw. hydraulische Leitfähigkeit eines wassergesättigten Bodens) mit 50 % wie im noch gültigen A 138 angesetzt. In der Praxis ist das in der Regel aber unproblematisch, wie später erläutert wird.
Unter den wasserwirtschaftlichen Aspekten heißt es im MVV, dass die Herstellung versickerungsfähiger Verkehrsflächen in Wasserschutzgebieten nach den „Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzge-bieten“ (RiStWaG) auszuschließen ist [14]. Die RiStWaG gelten allerdings strenggenommen außerhalb von Siedlungsgebieten, und hier ist ein wichtiger Aspekt zu berücksichtigen. Bei wasserdurchlässigen Flächenbelägen mit abG werden die gesetzlichen Anforderungen des Boden- und Gewässerschutzes erfüllt, damit ist das Sickerwasser qualitativ ähnlich wie Wasser nach einer Oberbodenpassage zu bewerten. Je nach Wasserschutzgebietsverordnung kann solches gereinigtes Niederschlagswasser in den Schutzzonen III A und III B nach Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde versickert werden. Diese Forderung des MVV ist also aus wasserwirtschaftlicher Sicht pauschal nicht immer gültig und sollte im Einzelfall geprüft werden.
Auch bei wasserdurchlässigen Flächenbeläge kommt es in der Regel nach mehrjähriger Nutzung vereinzelt bei Starkregen zu Oberflächenabflüssen. Bei den Entwässerungsmaßnahmen heißt es im MVV, dass die Oberflächenentwässerung nach den RAS-Ew dimensioniert wird. Strenggenommen gelten diese aber wie schon erwähnt außerhalb von Siedlungsgebieten. Bei der Frage nach Oberflächenabflüssen ist der Abflussbeiwert der Fläche entscheidend. Da die Flächenbeläge mit der Zeit z. B. durch den Reifenabrieb oder organische Feststoffe kolmatieren, wird im MVV ein Abflussbeiwert C von 0,3 bis 0,5 angegeben. Im DWA-A 138-1 wird zwischen zwei verschiedenen Abflussbeiwerten unterschieden, dem Spitzenabflussbeiwert Cs und dem mittleren Abflussbeiwert Cm. Für die Bemessung des Oberflächenabflusses bei Starkregen ist der Spitzenabflussbeiwert Cs maßgeblich. Je nach Art der wasserdurchlässigen Fläche gibt das DWA-A 138-1 hier unterschiedliche Abflussbeiwert an (siehe Tabelle 1).
Hier nehmen Beläge ebenfalls eine Sonderstellung ein, da diese dauerhaft eine Mindest-Durchlässigkeit von 270 l/(s·ha) aufweisen und diese nachweislich wiederhergestellt werden kann und muss. Damit liegt der mittlere Abflussbeiwert bei Cm < 0,1, der Spitzenabflussbeiwert kann im Extremfall aber durchaus auf etwa 0,4 ansteigen. Ob dieser bei der Entwässerungsplanung anzusetzen ist, hängt maßgeblich von der Gestaltung der Oberfläche ab. Ziel sollte es sein, das gesamte Niederschlagswasser auf der Fläche zu halten, wie im nächsten Kapitel erläutert wird.
Entgegen den Forderungen der REwS muss das Gefälle von wasserdurchlässigen Verkehrsflächen gemäß MVV nur 1 % betragen, was bei der Planung großer Flächen von Vorteil sein kann.
Tabelle 1: Ausgewählte Abflussbeiwerte gemäß DWA-A 138-1 [9]
Art der Flächen bzw. ihrer Befestigung | Spitzenabflussbeiwert Cs | Mittlerer Abflussbeiwert Cm |
Pflasterflächen mit Fugenanteil > 15 % | 0,7 | 0,60 |
Verbundsteine mit Sickerfugen, Sicker-/Drainagesteinen | 0,4 | 0,25 |
Rasengittersteine (mit häufigen Verkehrsbelastungen, z.B. Parkplatz) | 0,4 | 0,20 |
Rasengittersteine (ohne häufige Verkehrsbelastungen, z.B. Feuerwehrzufahrt) |
Gemäß MVV sollte oberflächig abfließendes Regenwasser bevorzugt in eine Versickerungsanlage eingeleitet werden. Bei der Planung ist es ratsam grundsätzlich auch über eine temporäre Zwischenspeicherung auf der Fläche nachzudenken, vor allem wenn keine ausreichenden Grünflächen zur Verfügung stehen. Die DIN 1986-100 [15] und das DWA-A 138-1 [9] fordern für innerstädtische Grundstücke mit einer Bemessungsfläche ABem (Rechenwert für die Bemessung, der sich aus der Summe aller an die Versickerungsanlage angeschlossenen Teilflächen, multipliziert mit dem jeweils zugehörigen mittleren Abflussbeiwert ergibt) > 800 m2 die Durchführung eines Überflutungsnachweises. Dieser kann direkt mit der wasserdurchlässigen Verkehrsfläche erfolgen. In diesem Fall ist planerisch sicherzustellen, dass ein bestimmtes Volumen an Wasser, welches der Differenz zwischen dem dreißigjährlichen oder hundertjährlichen Regenereignis und der Mindest-Infiltrationsrate von 270 l/(s·ha) entspricht, schadlos auf dem Grundstück, also in diesem Fall auf der Fläche verbleibt, ohne abzufließen. Das kann zum Beispiel über ein negatives Dachgefälle oder geeignete Hochborde gewährleistet werden. Das überschüssige Niederschlagswasser versickert dann in den Minuten nach dem Regenereignis (Abbildung 3), an diesem Standort in den Niederlanden wurde ein temporärer Einstau bewusst in Kauf genommen, da der Oberbau des Flächenbelags keine ausreichende Versickerungsrate für Starkregen aufweist. Es kann sogar zusätzlich Wasser von angrenzenden Flächen wie Dächern aufgenommen werden, so dass der Kanal und der Vorfluter nicht belastet werden. In diesem Fall können sowohl der Spitzenabflussbeiwert Cs als auch der mittlere Abflussbeiwert Cm mit 0,0 angesetzt werden, da kein Wasser von der Fläche abfließen kann.
Hydraulische Anforderungen an den Untergrund enthalten sowohl MVV als auch DWA-A 138-1. Gemäß MVV muss der Untergrund einen Mindest-kf-Wert von > 5 · 10-5 m/s oder einen ki-Wert > 3·10-5 m/s aufweisen, die durchlässige Schicht sollte eine Mindest-Mächtigkeit von einem Meter haben. Bei einer geringeren Durchlässigkeit sind bautechnische Maßnahmen zu ergreifen, z. B. die Erhöhung der Frostschutzschicht oder die Anordnung von Planumssickerschichten mit Drainage nach RAS-Ew mit Einleitung in einen Vorfluter oder Regenwasserkanal. Das A 138 definiert den kf-Wert-Bereich, in dem Versickerungsanlagen eingesetzt werden sollten zwischen 1 · 10-3 m/s und 1 · 10-6 m/s. Alternativ können gemäß MVV aber auch die örtlichen Re-genspenden aus dem KOSTRA-Atlas für die Mindest-Infiltrationsrate verwendet werden. „Die Mächtigkeit des Sickerraums sollte, bezogen auf den mittleren höchsten Grundwasserstand (MHGW), grundsätzlich mindestens 1 m betragen. In Ausnahmefällen kann der Sickerraum bei geringer stofflicher Belastung der Niederschlagsabflüsse auch weniger als 1 m, jedoch mindestens 0,5 m, betragen“ [9]. Dabei bezieht sich das DWA-A 138-1 auf die Strecke zwischen der Unterkante der Versickerungsanlage und dem MHGW, das wäre bei Pflasterbelägen das Planum. Das MVV geht von einem Mindest-Abstand von der Oberkante der Pflasterfläche zum MHGW von 2,0 m und einem Mindest-Abstand von der Oberkante Unterbau/Untergrund von 1,0 m aus. Gemäß den abG muss abweichend hiervon der Grundwasserflurabstand zwischen der Oberkante der Pflasterfläche und dem MHGW mindestens 1,0 m betragen.
Der Gelbdruck des A 138-1 enthält ein neues Kapitel zur Durchführung und Bewertung von Verfahren zur Bestimmung der Wasserdurchlässigkeit. Für die Bestimmung der Durchlässigkeit des Bodens und der Trag- und Frostschutzschicht können diese Verfahren auch bei wasserdurchlässigen Flächenbelägen angewendet werden. Zu bevorzugen sind immer in-situ Methoden mit möglichst großen Messflächen wie z. B. eine Doppelring-Infiltrometer Messung. Zur Prüfung der spezifischen Infiltrationsrate von Pflasterflächen sind die Verfahren nur bedingt geeignet. Bei allen Verfahren wird mit einem gewissen Überstau gearbeitet. Das ist bei Versickerungsanlagen mit Speicherfunktion (Mulden, Rigolen) auch sinnvoll, bei wasserdurchlässigen Flächenbelägen bedeutet ein minimaler Aufstau des Wassers in der Praxis aber, dass Oberflächenabfluss entsteht. Daher sollte mit möglichst geringem hydrostatischem Druck gemessen werden, da sonst die Versickerungsraten überschätzt werden. Das MVV empfiehlt das Doppelring-Infiltrometer und das Tropf-Infiltrometerverfahren, bei dem ein Regen simuliert und der Aufstau auf der Fläche sehr geringge-halten wird. Darüber hinaus wird ein Schnelltest beschrieben, mit einem 300 mm Messing-Ring, der z. B. mit einer Gipsschlämme gegenüber dem Untergrund abgedichtet wird. Das erste Verfahren liefert die genauesten Ergebnisse, bei dem Schnelltest ist zu beachten, dass Wasser aus dem Ring auch seitlich in den Untergrund versickern kann. Eine Auswertung der Prüfergebnisse ist beschrieben.
Gemäß Gelbdruck des DWA-A 138-1 wird die Infiltrationsrate kifür die Bemessung als Produkt aus dem ermittelten Durchlässigkeitsbeiwert (bevorzugt aus einem Feldversuch) und einem Korrekturfaktor berechnet. Im einfachen Verfahren wird die Infiltrationsrate vereinfachend konstant ange-nommen, in der Realität verändert sie sich über den zeitlichen Verlauf des Regenereignisses. Örtliche Einflüsse, wie z. B. Bodenstruktur, Bodenverdichtung und Makroporen führen zu großen Bandbreiten der Durchlässigkeitsbeiwerte. Daher setzt sich der Korrekturfaktor aus einem örtlichen Korrekturfaktor (zwischen 0,1 und 1,0 je nach Kenntnisstand der örtlichen Verhältnisse) und einem Korrekturfaktor für die Bestimmungsmethode zusammen, der zwischen 0,1 für Laborverfahren mit gestörten Proben oder Sieblinienauswertungen und 1,0 für großflächige Feldversuche in Testgruben/Probeschürfen (≥ 1 m2) liegt. Doppelring-Infiltrometer-Messungen und Tropf-Infiltrometer-Messungen können mit 0,9 angesetzt werden, gelten daher als sehr genau.
Betriebliche Hinweise werden lediglich im MVV gegeben, da das DWA-A 138-1 die Versickerung über wasserdurchlässige Beläge nicht explizit berücksichtigt. Hier ist aus wasserwirtschaftlicher Sicht vor allem der Einsatz von Tausalzen im Winterdienst zu nennen, da diese die Beschaffenheit der Grundwasserleiter beeinträchtigen. Laut MVV sollen das „Merkblatt für den Winterdienst auf Straßen“ sowie die TL-Streu beachtet werden. Auftaumittel sollen daher bei versickerungsfähigen Befestigungen von Verkehrsflächen nicht verwendet werden. Bei gefügedichten Pflasterflächen soll z. B. mit Split 2/5 mm gestreut werden.
Hier soll ergänzt werden, dass es zu den gängigen Auftau-mitteln auf Basis von NaCl, MgCl oder CaCl auch Alternativen gibt, die weder korrosiv für Beton noch kritisch für das Grundwasser sind. Verkehrsflughäfen z. B. verwenden zur Enteisung ihrer Pisten organische Salze. Diese verursachen keine Korrosion und wirken auch bei niedrigen Temperaturen. Sie belasten den Boden und das Grundwasser wesentlich geringer als herkömmliches Streusalz und sind daher eine Alternative, falls Salze verwendet werden müssen [16].
Das DWA-A 138 schreibt dazu, dass Chlorid aus dem Win-terdienst in keiner Behandlungsanlage zurückgehalten wer-den kann, eine Konzentrationsminderung erfolgt nur über die Verdünnung im Grundwasser. Eine direkte Vorgabe für den Winterdienst gibt es nicht.
Widersprechen sich die Regelwerke der FGSV und der DWA bei wasserdurchlässigen Flächenbelägen aus Betonsteinen? Im Prinzip nicht. Die Anforderungen an die Entwässerung bzw. Versickerung des Niederschlagswassers über wasserdurchlässige Pflasterflächen werden schwerpunktmäßig aus straßenbaulicher Sicht vom MVV, aus wasserwirtschaftlicher Sicht vom DWA-A 138-1 geregelt. Diese Regelwerke weichen in einigen Vorgaben geringfügig voneinander ab. Grund hierfür ist vor allem das unterschiedliche Erscheinungsdatum der Regelwerke und der bei der Erstellung gültige wissenschaftliche Kenntnisstand. Hinzu kommen Regelungen aus den allgemeinen bauaufsichtlichen Genehmigungen des DIBt, welche in den aktuellen Regelwerken der DWA bereits enthalten sind. Die Bemessungsansätze enthalten z. B. Sicherheitsfaktoren, die die Anwendung der Beläge in der Praxis absichern. Abweichungen bei den Anforderungen an Regenspenden, Durchlässigkeiten, Grundwasserflurabständen etc. sind zu verschmerzen.
Grundsätzlich ist die Zielsetzung der Regelwerke gleich, wenn auch das MVV schwerpunktmäßig auf die Bautechnik und die DWA-Regelwerke auf wasserwirtschaftliche Belan-ge zielen. Bei einer Aktualisierung des MVV sollte eine Harmonisierung mit den aktuellen DWA-Regelwerken erfolgen, die Unklarheiten ausräumen kann. Bei der Planung wasserdurchlässiger Beläge ist aber eine Berücksichtigung beider Aspekte problemlos möglich.
Unzweifelhaft ist, dass wasserdurchlässige Flächenbelä-ge im Rahmen der blau-grünen Stadtentwicklung, auch als Schwammstadtprinzip bezeichnet, stärkere Anwendung fin-den sollten, da die zunehmende Versiegelung im Kontext der häufiger auftretenden Starkregenereignisse kritisch zu bewerten ist. Blau-grün sollte mit einem ökologischen korrekten grau kombiniert werden, damit auch die Verkehrsflächen ihren Beitrag zur wasserwirtschaftlichen Transformation der urbanen Räume leisten.
[1] Neunteufel, B., König, A., Muschalla, D. (2023): Dezentrale Niederschlagswasserbewirtschaftung – Begriffe, Definitionen und Regelwerk.-Österr. Wasser- und Abfallwirtschaft September 2023, https://doi.org/10.1007/s00506-023-00990-w
[2] Landesbetrieb IT.NRW (2024): Sieben Prozent der NRW-Landesfläche sind Flächen für Verkehr.- [online] https://www.it.nrw/sieben-prozent-der-nrw-landes flaeche-sind-flaechen-fuer-verkehr-18075, abgerufen am 20.07.2024
[3] DWA (2022): Merkblatt DWA-M 102-4/BWK-M 3-4 – Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer - Teil 4: Wasserhaushaltsbilanz für die Bewirtschaftung des Niederschlagswassers - März 2022. - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Hennef
[4] Dierkes, C. Lucke, T., Hulsman, H., Vergroesen, T. (2016): Permeable pavements as effective method to restore the urban water balance.- Conference Paper, 4th IAHR Europe Congress, 27-29 July, Liege, Belgium
[5] FGSV (2013): MVV: Merkblatt für Versickerungsfähige Verkehrsflächen. - Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
[6] FGSV (2005): RAS-Ew: Richtlinien für die Anlage von Straßen – Teil: Entwässerung.- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
[7] FGSV (2022): Richtlinien für die Entwässerung von Straßen.- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
[8] DWA (2005): DWA-A 138 - Planung, Bau und Betrieb von Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser.- Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Hennef
[9] DWA (2020): DWA-A 138-1 - Anlagen zur Versickerung von Niederschlagswasser - Teil 1: Planung, Bau, Betrieb - Entwurf November 2020.- Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA), Hennef
[10] DWA (2007): DWA-M 153, Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Regenwasser, August 2007.- Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Hennef
[11] DWA (2020): DWA-A 102-2/BWK-A 3-2 - Grundsätze zur Bewirtschaftung und Behandlung von Regenwetterabflüssen zur Einleitung in Oberflächengewässer - Teil 2: Emissionsbezogene Bewertungen und Regelungen - Dezember 2020.- Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. (DWA), Hennef
[12] WHG (2009): Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushaltes, Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I Seite 2585), das zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2020 (BGBl. I Seite 1408) geändert worden ist
[13] KOSTRA-DWD-2020 (2020): Starkniederschlagshöhen für Deutschland. Deutscher Wetterdienst, Offenbach; abrufbar z. B. über www.openko.de
[14] GSV (2016): RiStWag: Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wassergewinnungsgebieten.- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Köln
[15] DIN 1986-100 (2016): Entwässerungsanlagen für Gebäude und Grundstücke – Teil 100: Bestimmungen in Verbindung mit DIN EN 752 und DIN EN 12056, Ausgabe 2016-12, Deutsches Institut für Normung e.V., Berlin
[16] Deml, K. (2012): Von der Landebahn auf die Quartier- straße?.- kommunalmagazin.ch, Nr. 4 August/September 2012